Wer berichtet noch unabhängig, sachlich und neutral?

Weshalb ist die kritsche Berichterstattung über die lokale Bleibelastung im Mechernicher-/Kaller Gebiet so spärlich? Gibt es Interessenskonflikte? – Schließlich geht es hier um den präventiven Gesundheitsschutz der Bevölkerung und die erforderliche Transparenz in diesem Zusammenhang.

Mit Datum vom 15. Februar 2024 stellte sich der KStA unter dem kommissarischen Chefredakteur Christian Hümmler auf seiner Internetseite einmal selbst unter dem Titel vor:
„Der Kölner Stadt-Anzeiger – Journalismus für Köln und das Rheinland“
[…] Unser Anspruch: Wir stärken die engagierte Zivilgesellschaft, das Ehrenamt und andere richtig gute Menschen. Wir setzen Verwaltungen und die Politik unter Druck, Dinge zum Positiven zu verändern und Missstände zu beheben. Wir berichten, damit es den Menschen in der Region besser geht und stellen Transparenz her, wo diese dringend notwendig ist. Wir verstehen uns in diesem Sinne als wichtiges Lagerfeuer für die Demokratie. […] Dafür arbeiten und recherchieren wir im Mehrschicht-Modell fast rund um die Uhr. […] Wie könnten Lösungen für Probleme aussehen? Wir filtern die Flut an Informationen, bewerten, analysieren und kommentieren sie. Wir greifen aber auch die ganz konkreten Fragen und die Meinungen unserer Leserinnen und Leser auf, die uns täglich auf vielen Wegen erreichen. […] Wir wollen tolle Initiativen und engagierte Menschen sichtbar machen, Fehlentwicklungen stoppen, Korruption aufdecken. […]

Die erlebte Wirklichkeit sieht woanders anders aus.Eigene Erfahrung

Im Mai 2023 veranstaltete die Ärztekammer Kreisstelle Euskirchen zusammen mit dem hiesigen Gesundheitsamt und seiner Umweltstelle erstmalig eine Ärztefortbildung per Videokonferenz mit zwei namhaften Referenten zum Thema Blei – gesundheitliche Gefahren, mögliche Behandlung, wichtige Präventionsmaßnahmen. Überraschenderweise fand man weder vor noch nach den Sommerferien darüber einen Pressebericht, wie sonst im Lokalteil immer üblich. Dabei gab es durchaus interessante Aspekte und Hinweise für die Bürger, einschließlich eines fehlenden fest installierten unabhängigen Vorsorgeprogramms für die Bevölkerung aus fachlicher Sicht. Lange angemahnt, hier braucht es ein Lagerfeuer für die Demokratie, damit es den Menschen besser geht – eine Aufgabe, die sich der Kölner Stadtanzeiger selbst gestellt hat !!

Deshalb wandte ich mich mit Erfolg im Oktober 2023 an die Redaktion des KStA in Euskirchen und wurde an einen jüngeren Journalisten der Zweigstelle Gemünd verwiesen. Man einigte sich schnell auf einen Artikel in Interviewform – Frage und Antwort. Der Bitte um Hintergrundinformationen zum Thema kam ich gern nach und es folgte ein mehrstündiges, privates, harmonisches Gespräch und die Bereitstellung von reichlich, teils vertraulichem Informationsmaterial in der ersten Novemberwoche. Reporter einer Tageszeitung reagieren eigentlich immer schnell mit aktuellen Nachrichten und mahnen die Partner terminlich zur Eile – eigentlich, denn diesmal passierte nichts trotz vorsichtiger Rückfragen. Erste Dezemberwoche ausführliche Rücksprache mit Hinweis auf eigene unerledigte Sachen auf meinem Schreibtisch vor Weihnachten. Antwort: Wir bekommen das noch hin – war es aber nicht. Zwischen den Festtagen erneute Rücksprache per Mail, nachrichtlich der Euskirchener Redaktionsleitung mit der Frage eines triftigen Grundes des unüblichen Verhaltens, z. B. Krankheit. Antwort: Bitte um Entschuldigung und erfolgt jetzt baldmöglichst – Ende Januar „Letzte Chance“ kann den Artikel für Sie selbst schreiben – Nein mach ich, bestimmt – erste Märzwoche „Endlich kommen die Fragen, aber mit unzureichenden Antworten“ – Korrektur und inhaltliche Ergänzung – Retour – Artikel zu lang, kürzen – okay, prompt gekürzt um. ca. die Hälfte – Am 15. März 2024 fast fünf Monate nach Kontaktbeginn die Antwort: Bin leider nicht dazu gekommen. Trotz der langen Zeit, wir sind ja nicht in Zeitnot oder einem Aktualitätsdruck, haben Sie weiterhin noch etwas Geduld!
Re. 16.03.24 Nein- aber der Aktualitätsdruck ist da, lesen Sie die beigefügte „Krasse Studie von McFarland aus Amerika!“ – Bisher keine Reaktion der Redaktion, – erstaunlich, vielleicht wirkt das Blei hier in gewisser Hinsicht bereits doch schon?
Bio Monitoring Blei heißt das Zauberwort für die Zukunft.

P.S. Bereits vor Weihnachten habe ich mir die Frage gestellt: „Will oder traut man sich eigentlich überhaupt noch einen in einzelnen Punkten kritischen Blei-Artikel zur besseren Gesundheit der Bevölkerung, dem so gern zitierten höchsten Gut unserer Bürger, in der einzigen angeblich unabhängigen Zeitung im Kreis zu veröffentlichen, nachdem gerade die Lokalberichterstattung und Anzeigen der Rundschau im gleichen Verlag wie der KStA konkurrenzlos gedruckt wird? Das sind gute Voraussetzungen für einen Interessenkonflikt, und bis Köln zum moralischen Journalismus des neuen Chefs ist es weit und noch weiter, wenn man lokal auf interne Unzulänglichkeiten nach außen gar nicht erst reagiert. Transparenz ist in der Bleiscene eine noch wenig bekannte konservative Tugend, aber auch sie spricht sich langsam rum.“ (Jörg Schriever)

Inhalt des geplanten Interview:
Herr Dr. Schriever, das Kreis-Gesundheitsamt hat seit dem vergangenen Jahr eine neue Umweltstelle und die einen neuen, tierischen Mitarbeiter: Plumbi, den Plüsch-Maulwurf, der sich mit den Gefahren der Bleierde besonders gut auskennen soll.
Die Einrichtung einer zuständigen Organisations- und Präventionszentrale für Umweltschäden wurde bereits 2018 im Rahmen eines Gesamtkonzepts im Mechernicher Rathaus von mir gefordert. Die neue Umweltstelle ist deshalb ein Meilenstein der Prävention, um Mensch und Tier vor Umweltschäden zu schützen, insbesondere im Hinblick auf Gesundheitsschäden durch lokale Bleibelastung. Die personelle Ausstattung ist ideal, da sie eine Ärztin sowie eine leitende Tiermedizinerin und Toxikologin umfasst, da Veterinäre auch für die Nahrungsmittelsicherheit verantwortlich sind.
Das Maskottchen “Plumbi” ist eine gute Idee und hat einen hohen Wiedererkennungswert für alle Aktivitäten und Nachrichten der Umweltstelle. Es hat bereits einen Besuch im Kindergarten gemacht. Allerdings sollte es dort nicht den ausgemusterten Verkehrskasper ersetzen, da Vorschulkinder noch kein vorausschauendes Gefahrenbewusstsein entwickeln können. Diese Fähigkeit erwerben Kinder erst ab etwa 6 Jahren. Das Thema Prävention gehört unbedingt in den lokalen Sachkundeunterricht der Grundschulen und dazu müssen die hiesigen Lehrer in Zusammenarbeit von Schulamt und der Umweltstelle fortgebildet werden.
Näheres zur Entwicklung eines Gefahrenbewußtsein und viel mehr erfährt man auf der Internetseite der Bürgerinitiative – www.doku-blei.de.
Das Gesundheitsamt – Umweltstelle hat in Zusammenarbeit mit der hiesigen Ärztekammer die erste Fortbildung für Mediziner zum Thema „Blei“ organisiert. Welche für Sie wichtigen Dinge sind dort angesprochen worden und ergeben sich als Fazit mit Blick auf die Zukunft
Die aktuelle Fortbildung als Videokonferenz, wurde von renommierten Experten wie Prof. Dr. med. J. Hengstler (Toxikologie, Dortmund) und Prof. Dr. rer. nat. Th. Schupp (Toxikologie, FH Münster) gestaltet. Nur eine Frage blieb unbeantwortet, nämlich, warum die Bleiresorption aus dem Darm bei Erwachsenen bei 10%, bei Kindern aber bei 60% liegt. Die aktuelle Forschung gibt hierzu noch keine abschließende Antwort. Existiert eine medikamentöse Behandlung hoher Bleibelastungen bzw. Vergiftungen? Antwort „Ja“. Wegen zahlreicher Nebenwirkungen wird diese erst ab Blutwerten von über 400 Mikrogramm/ l Blut eingesetzt. Blei wird in schwer löslicher Form in Knochen gespeichert und hat eine Halbwertzeit von bis zu 20-30 Jahren. Die normale Rückbildung kann man im Voraus berechnen und deshalb bei Kindern auf kurzfristige unangenehme Blutentnahmen verzichten.
Welche verschiedenen Formen einer Bleierkrankung unterscheidet man denn?
Akute Bleierkrankungen beginnen mit unspezifischen Allgemeinsymptomen wie Kopf- Glieder und kolikartigen Bauchschmerzen innerhalb von 3 Tagen und steigern sich bei Zufuhr höherer Mengen bis zu Organ- und Kreislaufversagen. Etwa 5 Gramm Blei sind für Erwachsene tödlich. Früher traten solche Fälle hauptsächlich bei der Verhüttung auf, heutzutage seltenst und dann meist durch Unfälle oder kriminelle Aktionen.
Die chronische Belastung durch wiederholte Zufuhr kleinerer Bleimengen ist die häufigste Form. Schon 0,5 Mikrogramm pro KG Körpergewicht bei Säuglingen führen zu toxischen Blutspiegeln. (1g = 1Mill. Mikrog.) Bei der Bleistudie von 1982 bei Kindern fanden sich Werte bis zu 400 Mikrogr/l. Trotzdem erklärten der zuständige Minister Farthmann und der Leiter des verantwortlichen Hygiene-Instituts der Hochschule Aachen, es bestünde keine akute Gefahr – eine gebräuchliche, missverständliche Aussage, denn die chronische Belastung ist nie akut, aber macht auf Dauer krank.
Bei der sogenannten Niedrigbleibelastung mit Werten unter 100 Mikrogramm bestätigte Prof. Hengstler in seinem Vortrag, dass selbst Werte unter 50 Mikrogramm bei Kindern zu Entwicklungsstörungen führen können. Das für uns wichtige symptomarme Krankheitsspektrum der Niedrigbleibelastung bei Erwachsenen ist aus Datenmangel unzureichend erforscht. Deshalb sollten wir die Forschung in Zusammenarbeit mit der Mutteruniversität Bonn fördern und unterstützen. Im Kreis bieten sich mit unseren akademischen Krankenhäusern, der Umweltstelle und wenigen beschlußfassenden Behörden plus politische Gremien ideale Bedingungen.
An welche Risikogruppe in unserer Bevölkerung denken Sie konkret?
Die Kinder, besonders vor und nach der Geburt, sind sie am anfälligsten für Entwicklungsschäden. Bei der letzen Untersuchung mit fast 200 von 5000 hier lebenden Kindern, nicht repräsentativ, fand sich bei etwa 20% eine lokale Zusatzbelastung oberhalb des Referenzwertes. Hochgerechnet sind ca. 1000 Kinder betroffen. Ähnliches gilt auch für Erwachsene. Vorschulkinder, die auf den bekannten belasteten Spielplätzen tobten, waren besonders gefährdet. Eine separate Untersuchung wurde jedoch abgelehnt, bliebe für Eltern nur eine neue Blutuntersuchung. Nach einer routinemäßigen, schmerzfreien, kostengünstigen Milchzahnuntersuchung könnte das haltbare Restmaterial nachuntersucht werden. Laut Prof. Hengstler wäre das Zahnmaterial gut für epidemiologische Studien geeignet, da sie endlich genügend harte Daten für Vergleiche und Gefahrenpunkterkennung liefere. Bei den Erwachsenen sind Berufe und Freizeitbeschäftigungen mit Erd- und Staubkontakt besonders gefährdet. In diesen Fällen sollte eine Blutbestimmung, pflichtmäßig zu Arbeitsschutzuntersuchung gehören. Die Ergebnisse anonym von der Umweltstelle für die Forschung gesammelt, werden zusammen mit anderen Bleistatistiken, transparent für die Bevölkerung wie Sportergebnisse Wasserstände oder Aktienkurse in der lokalen Presse publiziert. Die Trendbeobachtung steigend- fallend steigert das Interesse an den „Bleizahlen“, erhält und erhöht das vorausschauende Gefahrenbewußtsein.
Was ist das Ziel der Blei- Prävention und auf welchen Wegen ist es zu erreichen?
Blei ein Zellgift ist geogen dauerhaft im Mechernich-Kaller Boden vorhanden. Die Grenzen der Belastungszone sind kartographisiert. Blei ist immer gefährlich, wenn es in den menschlichen Körper gelangt. Der Weg nach innen geht über den Magen-Darmtrakt oder Bronchien und Lunge ins Blut. Maßnahmen, die das erfolgreich verhindern oder vermindern, werden als „Prävention“ bezeichnet. Ein dauerhaft etabliertes Konzept aus Prävention und Überprüfung seiner Wirksamkeit nennt sich „Bio-Monitoring“ mit dem Langzeitziel, dass unsere lokale Zusatzbelastung als Krankheitsfaktor komplett verschindet.
Laut Bundesgerichtshof muß sich die Bevölkerung darauf verlassen können, dass sie vor gesundheitlichen Umweltgefahren von den Kommunen geschützt wird und laut ÖGD-Gesetz ist für die Gesundheitsämter die Prävention vor Gesundheitsgefahren für Bevölkerung eine verpflichtende Aufgabe. Bei eigenfinanzierten Studien der Behörden besteht immer die Erwartung auf ein günstiges Ergebnis und damit die Gefahr eines Interessenkonfliktes. Die Zusammenarbeit mit unabhängigen wissenschaftlichen Einrichtungen ist sinnvoller und wird häufig finanziell unterstützt. Das gilt gerade jetzt vor der Gründung des Institutes für Qualitätssicherung und Transparenz und für das Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin, welches die BZgA ersetzt und bereits Anfang 2025 die Arbeit aufnimmt.
Mit der Umstellung auf bleifreies Benzin reduzierte sich die Hintergrundsbelastung wesentlich. Eine geringe Menge Blei im Blut der Bevölkerung lässt immer noch nachweisen. Unser Ziel ist es, für die Zusatzbelastung ein wirksames, präventives Bewusstsein in der Bevölkerung statt der noch bestehenden Gleichgültigkeit zu schaffen. Prof. K.E. von Mühlendahl Leiter des Kinderumwelt Institutes betont, das die regelmäßige transparente Information über Bleigefahren die wichtigste Säule der Prävention ist und damit auch für die neue Umweltstelle mit Plumbi.
Was erwarten und erwartet die Kollegen in Klinik und Praxis?
Ich befürworte eine Bleiprüfung im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge, da Entwicklungsstörungen in der Phase vor und nach der Geburt potenziell irreversibel sind. Bleiwerte können beim Stillen infolge erhöhten Kalziumbedarfs ansteigen. Hier müssen Fachgesellschaften das Risiko geringer Bleibelastung mit Abstillen gegenüber den Vorteilen des Stillens abwägen.
In vielen medizinischen Bereichen können Blei Krankheiten verursacht oder verschlimmert werden, wie Nierenversagen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Lähmungen und kognitive Störungen. Bei der Diagnostik unklarer Fälle sollte es nicht fehlen. Die Vertreter der Ärztekammer Dr. Wolter und für die Kassenärztlichen Vereinigung, Kollege Gummelt wünschen wir erfolgreiche Verhandlungen zur Kostenübernahme durch die Gesundheitskassen wegen der lokalen Besonderheiten. Die Verkündung der Ergebnisse bei der nächsten ärztlichen Fortbildung wird ganz sicher mit einer hohen Teilnahme belohnt.
Es bleibt also noch viel zu tun. Der Weg ist aufgezeigt, unsere Mission endet wunschgemäß mit der dauerhaften Einrichtung eines wissenschaftlich fundierten „Biomonitoring Blei“ in unserem Kreis. Das wird irgendwann als kontrollierter Schutz und zur Verbesserung der Gesundheit unserer Bürger gesetzlich Pflicht werden. Persönlich würde ich das gern noch erleben und sollte deshalb nicht mehr all zu lange dauern in meinem fortgeschrittenen Rentneralter.