Leben in Mechernich heißt auch, sich mit Blei in Mechernich zu beschäftigen. Das Thema geht alle Bürger an, aber auch alle Touristen der Stadt.

BLEI BLEIBT: a k t u e l l

Hinweis: Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Datums der Veröffentlichung.

24.04.2024 – US- Bürger sind wegen Benzin dümmer geworden. Forscher bringen krasse StudieDie Ergebnisse konzentrieren sich auf die Schadstoffbelastung durch Blei.

Dieser Titel fiel unserer Bürgerinitiative bei seiner routinemäßigen Durchsicht am 14. März 2024 regionaler, überregionaler Internetseiten und neuer wissenschaftlicher Literatur zum Stichwort Blei auf. 
Bei der Frage Fake oder Wissenschaft wurde wir bald fündig mit dem Titel der Arbeit von: McFarland et. al.
„Die Hälfte der US- Bevölkerung war in der frühen Kindheit schädlichen Blei- Konzentrationen ausgesetzt.“
Laut den Wissenschaftlern der Florida State University und Duke University hat die langjährige Bleiexposition zu einer signifikanten Verringerung des Intelligenzquotienten innerhalb der US- Bevölkerung geführt. Da der toxische Schadstoff Blei ist, egal ob über Benzindämpfe oder als geogenes Bodenblei die gleiche Wirkung im Körper hat, lassen sich die Ergebnisse entsprechend übertragen. 
Auch bei uns gibt es seit 1984 nur noch bleifreies Benzin, aber die Möglichkeit der lokalen Zusatzbelastung besteht im Mechernich – Kaller Belastungsgebiet weiterhin mit den gleichen Konsequenzen und die können im Einzelnen die Persönlichkeitsstruktur und den Lebensweg gewaltig beeinflussen.
Der Artikel ist in Englisch geschrieben und beinhaltet z. T. umfangreiche komplizierte Rechnungen zu echten Schätzwertbestimmungen. Daher haben wir mit Hilfe eines bewährten wissenschaftlichen Übersetzungstool eine deutsche Version erstellt und die wichtigsten Ergebnisse und Aussagen nachfolgend kursiv für einen ersten Überblick in Kurzform hierhin kopiert.
Geringe Defizite können bereits einen großen Einfluss auf das Leben der betroffenen nehmen und die ökonomischen Schäden belaufen sich in Milliardenhöhe.
Noch ein Hinweis: In Amerika werden die Laborwerte für den Bleinachweis im Blut in Mikrogramm/ dl (Deziliter) angegeben, in Deutschland in Mikrogramm/ l (Liter).  Ein Deziliter sind 100 ml, also 5 Mikrogramm/ dl sind 50 Mikrogramm/ l im Vollblut.

Original- Ausschnitte
[…] Während der Hochphase der Verwendung von verbleitem Benzin in den Vereinigten Staaten, die von den späten 1960er bis zu den frühen 1980er Jahren dauerte, lag der durchschnittliche Bleigehalt im Blut der US-Bevölkerung routinemäßig drei- bis fünfmal höher als der derzeitige Referenzwert für klinische Besorgnis und die Überweisung an das Case Management (3,5 Mikrogramm Blei pro Deziliter Blut) (3-5). Folglich waren Millionen von heute lebenden Erwachsenen als Kinder hohen Bleikonzentrationen ausgesetzt. Während diese Expositionen damals als harmlos galten, zeigen Tierstudien und epidemiologische Erkenntnisse, die in den letzten Jahren gesammelt wurden, dass diese Expositionen wahrscheinlich die gesunde Entwicklung mehrerer Organsysteme (insbesondere des Gehirns, der Knochen und des Herz-Kreislauf-Systems) gestört haben, was zu subtilen Defiziten bei wichtigen Ergebnissen wie kognitiven Fähigkeiten, Feinmotorik und emotionaler Regulierung führte (6), die den Verlauf des Lebens eines Menschen beeinflussen können (z. B. seinen Bildungsstand, seine Gesundheit, seinen Wohlstand und sein Glück). Diese Defizite bleiben größtenteils über die Zeit bestehen und verschlimmern sich in einigen Fällen (7, 8). Man geht heute davon aus, dass sie das Risiko für schwer zu behandelnde chronische und altersbedingte Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz erhöhen (9-11). Trotz unseres verbesserten Verständnisses der Auswirkungen auf die Entwicklung und der langfristigen Folgen der frühkindlichen Bleiexposition steht eine vollständige Erfassung des Ausmaßes dieser Altlasten in den Vereinigten Staaten noch aus. Eine solche Bilanzierung ist für Folgendes von entscheidender Bedeutung: das Verständnis der tatsächlichen Kosten und des Nutzens fortgesetzter Bleiregulierung und Expositionsminderung; das Verständnis des potenziellen Beitrags von Blei zur Krankheitslast in den letzten sechs Jahrzehnten (und der jüngsten Verbesserungen bei einigen mit Bleiexposition in Verbindung gebrachten Krankheitsbildern, wie z. B. Demenz); und schließlich die Verbesserung der kognitiven, kardiovaskulären und Alterungs- Ergebnisse bei der heutigen Generation von Erwachsenen, die als Kinder Blei ausgesetzt waren.
Um diesen Bedarf zu decken, erstellen wir Gesamt- und kohortenspezifische Bevölkerungsschätzungen der frühkindlichen Bleiexposition (BLLs) für die US-Bevölkerung im Jahr 2015. Anhand von Daten der US-Volkszählung, Statistiken über den Verbrauch von bleihaltigem Benzin und einer kontinuierlichen nationalen Erhebung über die Bleiexposition, die von den US-Zentren für Krankheitskontrolle und -prävention von 1976 bis 2016 durchgeführt wurde (National Health and Nutrition Examination Surveys [NHANES] II, III und IV), schätzen wir die Anzahl der 2015 in den Vereinigten Staaten lebenden Menschen, die als Kleinkinder vor, während und nach der Ära des bleihaltigen Benzins verschiedenen Bleiwerten (z. B. ≥5 μg/dL Blutblei) ausgesetzt waren. Um die Entscheidungsfindung und die Forschung in Bereichen zu unterstützen, 

die von besseren Kenntnissen über die Trends der Bleiexposition beeinflusst werden könnten, einschließlich Wirtschaft, Medizin, öffentliche Gesundheit und Strafjustiz, erstellen wir Schätzungen der Defizite der Bevölkerung in einem Ergebnisbereich mit einer gut etablierten Dosis-Wirkungs-Beziehung zu Blei – den kognitiven Fähigkeiten -, um die potenziellen Folgen der Bleibelastung auf Bevölkerungsebene zu beschreiben. Um schließlich Vorhersagen für die soziale Demografie und die öffentliche Gesundheit in der Zukunft zu treffen, erstellen wir Bevölkerungsprognosen bis zum Jahr 2100 unter der Annahme, dass die BLL-Werte ab 2017 den im Jahr 2016 beobachteten Werten entsprechen.
Auf individueller Ebene können selbst relativ geringe Defizite beim erreichten IQ einen bedeutenden Einfluss auf das Leben der Menschen haben, da die kognitiven Fähigkeiten, die durch den IQ beschrieben werden, den Bildungs- und Berufserfolg, die Gesundheit, den Wohlstand und das Glück eines Menschen aussagekräftig vorhersagen (27, 28). In der Dunedin-Studie, die über mehrere Jahrzehnte durchgeführt wurde, berichteten Reuben et al. (8) über eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen Bleiexposition in der Kindheit und einem leichten sozialen Abstieg in der Lebensmitte. Sie schätzten, dass 40 % des Zusammenhangs durch IQ-Verluste erklärt werden konnten.
Auf der Bevölkerungsebene sind die Schätzungen des IQ-Verlustes sehr aussagekräftig. Unter Verwendung kleinerer Schätzungen der Bleiexposition und des IQ-Verlustes als die von uns ermittelten 824 Millionen bleibedingten IQ-Punkteverluste in der Bevölkerung haben frühere Studien wirtschaftliche Verluste für die US-Wirtschaft durch Bleiexposition in der Größenordnung von 165 bis 319 Milliarden Dollar an entgangenen Löhnen ermittelt (22, 29). Die Tatsache, dass unsere Bleischätzungen und der damit verbundene IQ-Verlust höher sind, unterstreicht den Schaden für die US-Wirtschaft im Allgemeinen. Derartige Bemühungen zur Schätzung von Bleiverlusten sollten in anderen Bereichen wiederholt werden, von denen angenommen wird, dass sie durch Bleiexposition beeinflusst werden (einschließlich kriminelles Verhalten, Persönlichkeit, Psychopathologie, soziale Mobilität, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenfunktion und pathologische Hirnalterung). […]

Half of US population exposed to adverse lead levels in early childhood

Allein die kognitiven Folgen einer geringen Bleibelastung sind so erschreckend, dass niemand mehr sagen kann, es besteht „keine Gefahr“! Ignoranz gilt nicht mehr, denn keiner möchte Betroffener sein. Gesundheit ist unser höchstes Gut, wir nehmen Ihre Sorgen ernst. Dieser Worthülse aus den Rathäusern müssen Taten auf allen Ebenen folgen. Die Bevölkerung hat einen rechtlichen und ethischen Anspruch, dass sie vor gesundheitsschädigenden Umweltgefahren geschützt werden. Wir brauchen endlich ein 

dauerhaft wirksames Bio- Monitoring Blei mit unabhängiger wissenschaftlicher Begleitung!

Link Konzept Blei Bio- Monitoring

Dr. Jörg Schriever


24.04.2024 – Kommentar: „Die Hälfte der US-Bevölkerung in der frühen Kindheit ungünstigen Bleiwerten ausgesetzt“

Mit dieser Formulierung titelte „pnas.org“ einen Forschungsartikel, dass die Amerikaner durch das Einatmen von bleihaltigen Benzindämpfen nach einer großen US-Studie bis zu 7 IQ-Punkte verloren haben.
Was das für die betroffenen Personen gesundheitlich, aber auch für den sozialen Lebensweg bedeuten kann, ist beeindruckend und erschreckend zugleich. Es zeigt, dass wir  unsere Einstellung und Durchführung zur lokalen Bleiprävention wesentlich verbessern müssen. 

Der Grund: Blei ist ein höchst gefährliches Zellgift, welches allerdings nur in einem lebenden Organismus, also z. B. in Pflanzen, Tieren und Menschen wirksam werden kann und das über lange Zeit. Die Halbwertszeit im menschlichen Körper beträgt etwa 20 Jahre. In dieser Zeit wird nur die Hälfte im Körper abgebaut und ausgeschieden.

Link Original Beitrag in englisch | Half of US population exposed to adverse lead levels in early childhood

Link Deutsche Übersetzung

Zwar gibt es in Deutschland nur noch bleifreies Benzin, aber in unserem Mechernich-Kaller Belastungsgebiet ist der Boden bleihaltig, seit die Erde entstanden ist und wohl noch bis zu ihrem Untergang. Mit Beendigung des Bergbaus ist hier die Belastung über die Luft während der Verhüttung und Verwehung erheblich zurückgegangen, aber durch Verschmutzung mit bleihaltiger Erde und belasteten Nahrungsmitteln immer noch möglich. Somit ergibt sich die Frage: Sind auch die Mechernicher und Kaller Bürger durch Blei dümmer geworden? Antwort: Das ist möglich und anzunehmen.
Das Vorkommen erhöhter Bleibelastung im Blut bestätigen jedenfalls die bekannten Reihenuntersuchungen der Einwohner von 1982 und ab 2019. Leider waren die Studien nicht repräsentativ, sodass die Häufigkeit nur geschätzt werden kann und um 20% liegen dürfte. Dies bedeutet z. B., dass von etwa 5000 Kindern im Gebiet 1000 eine zusätzliche niedrige Bleibelastung haben.
Was kann man tun? Blei ist im Boden nicht wirksam und die Chance heißt: Lass Blei nicht in deinen Körper! Das Wissen, wo die Gefahr lauert und mit welchen vorbeugenden Maßnahmen sich die Aufnahme in den Körper vermeiden lässt, nennt man Prävention und ein Konzept mit langfristigen Beobachtungen der Hauptgefahrenpunkte und gezielten Gegenmaßnahmen nennt man „Human Bio Monitoring“.

Kommunen müssen ihre Bürger nach höchstrichterlichem Urteil vor Umweltschäden schützen und die Bürger sollten sich auf die Wirksamkeit verlassen können. Für Gesundheitsämter ist die Prävention von Gesundheitsschäden eine pflichtige Aufgabe.
Im Kreis wurden die Bodenschutzgesetze von 1999 erst in den letzten Jahren erfolgreich zunehmend umgesetzt, wie beispielsweise die Bleiwertbestimmungen der Böden oder der Bodenaustausch hoch belasteter Böden von Kinderspielplätzen. Seit dem letzten Jahr gibt es sogar eine sogenannte Umweltstelle am Gesundheitsamt mit dem organisatorischen Schwerpunkt der Bleiprävention einschließlich der Beratung in allen Umweltfragen. Daran war unsere Bürgerinitiative (BI) stets mit hinweisender Kritik, konstruktiven Beiträgen und Aktivitäten und einem Gesamtkonzept eines wirksamen Biomonitorings beteiligt.

Als eine der wirksamsten Stützen der Bleiprävention gilt die fortlaufende, transparente Information der Bürger über aktuelle Gefahrenpunkte, beispielsweise nach Überschwemmungen, sowie über den Erfolg oder Misserfolg von Präventionsmaßnahmen. Hierzu gehören die Ergebnisse von Arbeitschutzuntersuchungen, Kontrollen von Nahrungsmitteln und anonymisierte Daten aus dem Gesundheitswesen wie das Krebsregister sowie Erkenntnisse aus der Schwangerenvorsorge etc. Ebenso sind notwendige Daten für die Forschung von Bedeutung, wie es die Unfallprävention im Verkehrswesen erfolgreich vorgemacht hat. Dazu gehört auch ein positives Umdenken in der Bevölkerung, einschließlich der Politik. Statt der verbreiteten Ignoranz der Gefahren – „Die kennen wir schon ewig, ich bin doch nicht blöd, mir geht es gut und es tut mir nichts weh“ – war Blei früher unsere wirtschaftliche Chance, heute hingegen ist es ein negatives Image für Gesundheit, Tourismus, Grund und Boden, Immobilien, Nahrungsmittel etc. Besser ist es, Schlechtes durch Gutes zu ersetzen: Ein gelöstes Problem ist kein Problem mehr, Gefahr erkannt – Gefahr gebannt. Dies gilt auch für unser geogenes Blei im Boden.

Ziel unserer gemeinsamen Arbeit ist und muss es sein, der „bleifreie Bürger ohne Zusatzbelastung im Kreis Euskirchen“ zu sein. Die wichtigste Aufgabe für die hiesigen Politiker und Kommunen ist die Schaffung der Voraussetzungen für ein dauerhaftes und effektives „Biomonitoring Blei“ im Kreis. Dann sind wir schlauer geworden und können ein dauerhaft lebenswertes Dasein in Mechernich – Kall genießen!

Dr. Jörg Schriever

Hinweis: Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Datums der Veröffentlichung.

Ältere Beiträge DOKU BLEI aktuell

Toxikologie erklärt: Blei

Erklärt von Toxikologe Prof. Dr. Jan Hengstler Link in diesem Video.

(ab 00:00) Wo kommt Blei vor? 
Wie wirkt es auf den Körper von Mensch und Tier? 
Und wie äußert sich eine Bleivergiftung?

(ab 09:05Entwicklungsneurotoxizität bei Kindern
Umfassende Studien haben gezeigt, dass schon relativ geringe Bleiexpositionen zu einer Störung der Intelligenzentwicklung bei Kindern führen können.

(ab 15:41) Wie beurteilt man, ob zu viel Blei in den Böden von Wohngebieten vorkommt? Dieser Frage wird am Beispiel der Situation in Mechernich (Kreis Euskirchen in NRW) nachgegangen, wo aufgrund früheren Bergbaus heute noch sehr hohe Bleikonzentrationen in den Böden vorkommen.

KSTA | 14.09.2019
Link „Keine Panik, aber Vorsicht“: Professor Hengstler über Blei im Mechernicher Boden

Biomonitoring Blei

Die BI fordert eine dauerhafte Prävention der gesundheitlichen Gefahren durch das natürliche Bleivorkommen im Raum Mechernich Kall. 
Dazu gehört mehr als Bodenbleibestimmungen und eine einmalige Blutentnahme bei wenigen Freiwilligen.  Es braucht aussagekräftige Untersuchungen und regelmäßige Kontrolluntersuchungen.

Dazu gehört eine wirksame Gefahrenaufklärung für Neubürger und Touristen, die Fortbildung für Ärzte zu diesem Thema, sowie eine regelmäßige Erfolgskontrolle über die Wirksamkeit der präventiven Maßnahmen um bei Änderungen ursächlich rasch handeln zu können. Dabei ist das kontinuierliche Sammeln von repräsentativen Bleiwerten, sowie die fachliche und epidemiologische Bewertung für die hiesige Bevölkerung und darüber hinaus besonders wichtig.

Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass unser umfangreiches Konzept eine ideale Lösung für das kaum vergleichbare Mechernich-Kaller Bleigebiet ist. Allerdings sind wir auch offen für andere Lösungsansätze der Behörden. Deshalb bringen wir uns weiter konstruktiv ein, damit letztlich ein Konzept gefunden wird, mit dem die Gesundheitsgefährdung durch Blei transparent und belastbar nachvollzogen wird und wenn nötig sofortige präventive Maßnahmen ergriffen werden können.